Stephan Weidner ist ruhe- und rastlos. Auch mit 47 Jahren gönnt sich der Frankfurter Musiker keine Pause – und dass, obwohl er in Interviews nicht müde wird zu betonen, wie sehr er seinen Sohn vermisst und wie oft er sich (mittlerweile auch songtechnisch) darüber aufregt, alleine in fremden Städten und – zuweilen seltsamen – Hotels zu nächtigen. Der Mann muss sich eigentlich nichts mehr beweisen. Er hat mit den Onkelz unverrückbaren Legendenstatus erreicht, ist – zweifelsfrei – ein begnadeter Songschreiber (wie unlängst auch für Peter Maffay bewiesen) und finanziell unabhängig. Auch seine Solokünste hatten vor etwas mehr als zwei Jahren unerwarteten, weil völlig von Onkelz-Themen losgelösten, kommerziellen Erfolg und die Fans, die sich mit der neuen „Marke“ „Der W.“ anfreunden konnten, honorierten die Mühen des Musikers auf einer 2009 stattgefundenen, restlos ausverkauften Tournee, deren eigentliches (weil unspektakulärstes) Highlight sicherlich die wiedergewonnene Bandstruktur war, die Stephan losgelöst wirken und loslassen ließ. Kurzum: der Mann hatte Spaß und die Vorzeichen standen schon damals gut, dass ein Nachfolger von „Schneller, höher, Weidner“ nicht Jahre auf sich warten lassen würde.
Jetzt – im arschkalten Winter des Jahres 2010 – ist es also erneut soweit: Weidner bittet zum Tänzchen und präsentiert dem Fan auf „Autonomie!“ nicht weniger als das, was man sich schon so sehr vorher gewünscht hätte: eine komplette und autonome (weil unberechenbar sympathische) Lehrstunde im Lieblingsfach aller Headbanger, Junkies und Groupies: dem Rock`n`Roll. Bereits in der Promo-Phase zum neuen Album wurden zwei Vorabtracks veröffentlicht, die stilistisch einen guten Querschnitt über die auf „Autonomie!“ enthaltenen 17 Songs (die Standard-Version im Clear-Tray mit zwei gekürzten Titeln wird von mir an dieser Stelle einfach mal konsequent wegignoriert) zu vermitteln versuchten, allerdings – zumindest im Falle von „Sekte oder Selters“ – die Fans auch ein wenig verunsicherten, fürchteten sie doch schon eine Platte mit zu vielen verschiedenen Einflüssen aus zu vielen verschiedenen Genres. Soviel vorweg: sie sollten Recht behalten, allerdings hat das der Platte nur genützt und keineswegs geschadet.
Nochmal zum Gratissong und dessen Auswirkungen: „Sekte oder Selters“ geriet in ein mediales Kreuzfeuer und Stephan kam nicht umhin, den Brand in seinem Blog durch ein paar nette, persönliche Worte zu löschen und mit der zweiten Hörprobe „MachsMaulAuf“ (auf dem Mikkey Dee von „Motörhead“ hinter dem Schlagzeug saß und auf selbiges einprügeln durfte) dem etwas intoleranteren Fanvolk zu beweisen, dass er es keineswegs verlernt hat, harte und straight nach vorne gehende Nummern zu schreiben – auch wenn dieses Stück von Dirk Czuya geschrieben wurde, der wiederrum während der Produktion so etwas wie Stephans wichtigster Ideenlieferant und Sympathikus wurde.
Nun stellt sich natürlich die Frage, was die Hörer auf „Autonomie!“ tatsächlich erwartet. Die Antwort ist so einfach und genau deshalb – um im Weidnerischen Sprachjargon zu bleiben – so schwer. Es erwartet einen alles. Von jedem etwas.
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