13.04.2009 – der W live in Karlsruhe
„Alles was ich sage – hilft dir nicht einzuschlafen…“, singen einige Fans an diesem Ostermontag vor der Halle als ich gerade den Auslöser drücke. Und das gab doch berechtigte Hoffnung auf eine Steigerung zum Mannheim-Gig was die Stimmung betrifft, denn sowas gab es da vor dem Konzert nicht. Nach dem obligatorischen Foto begebe ich mich ins Getümmel vor der Halle. Eindrücke sammeln, Leute beobachten, Stimmung genießen.
Da es so eng da vor der Halle ist, bekommt man zwangsläufig mit worüber und vor allem wie sich die Leute unterhalten. Karlsruhe liegt in Baden. Und Baden heißt, dass in jedem Ort anders gesprochen wird. Die Interpretation der deutschen Sprache ist hier doch sehr originell. Es gibt praktisch kein „s“ in einem Wort ohne ein „ch“ dahinter. Aus „hast“ wird „hascht“, aus Post Poscht, aus weißt weischt usw. Wenn jetzt mehrere solcher Wörter in einem Satz auftauchen, wird es schwierig mit der Übersetzung. Zumal die Wörter auch gerne mal fließend ineinander übergehen. Hört sich aber sehr freundlich an der Dialekt. Soweit kurz zur Sprache.
Zum Publikum: Erste Notiz die ich mir geistig machte war: viele schöne Frauen. Muss ja auch mal erwähnt werden. Ansonsten ist es das gewohnt breitgefächerte Publikum mit einer Spanne von ich sag mal 8-45 Jahren. Auch immer interessant zu beobachten welche T-Shirts getragen werden. Wie beim Alter gibt es hier auch erhebliche Streuungen. Das geht los bei dem „Böse Menschen – Böse Lieder“-Shirt, über „Tour 96“, natürlich viel „LaUltima“ bis hin zum aktuellen Weidner/3R Style.
So stehe also da draußen und beobachte. Plötzlich sehe ich Thomas Hess wie er in meine Richtung geht. Sprichst du ihn jetzt an? Thomas guckt eine Stunde vor dem Konzert immer sehr angespannt und man will ja auch nicht bei der Arbeit stören. Ich lass es an diesem Abend. Trotzdem merke ich wie familiär es auch hier zugeht. Jetzt bin ich aber gespannt wie es in der Halle aussieht. Es ist wesentlich kleiner als in Mannheim. Das Foyer doch sehr klein und dann die Halle. Was sag ich Halle, es ist mehr ein kleiner Saal. Die Fenster sind aufgerissen und doch ist es schon sehr warm und stickig darin. Die „Halle“ ist bereits gut gefüllt und ich frage mich die Massen da noch reinpassen sollen die draußen warten.
Pro Pain ist wieder Vorband und ich freu mich da echt drauf. Pünktlich um 20:00 Uhr betreten Gary und Co. die Bühne. Und wenn Mannheim laut war, ist Karlsruhe mega laut. In dieser kleinen Halle scheppert es noch viel mehr. Schon bei der Vorgruppe geht die Menge und gut mit und es wird immer wärmer in dem Saal. Nach 3-4 Songs, die wirklich Lust auf mehr machen, beschließe ich noch einmal vor die Halle zu gehen. Bisschen frische Luft, den herrlich lauschigen Abend in Karlsruhe genießen. Vielleicht auch die Ohren bisschen zu schonen, denn es ist draußen wirklich noch gut zu hören. Bewaffnet hatte ich mich noch mit einem Bier. Das gastronomische Angebot war dort wirklich sehr gut, ABER es gab Karlsruher Pils. Wenn das ein Wein wäre, wäre das Kellergeister. Das ist halt nicht Nutella, sondern Nuspli, das ist die 64.000 € Frage. Das sollte man echt nicht trinken. Dafür war die Bedienung mehr als freundlich. Und sehr hübsch…
Nach der Abkühlung ging es pünktlich wieder rein um sich einen guten Platz zu sichern. Der Vorteil bei so kleinen Hallen ist, dass man überall sehr gut sieht. In Karlsruhe gab es an den Seiten noch so eine Art Podest. Also da war es höher als im Innenraum. Keine Tribüne, nur so einen Meter höher. Sehr angenehm. Dort hab ich auch schnell einen super Platz gefunden mit sehr netten Menschen um mich herum. Die Zeichen standen richtig auf Party. Ich hatte Bock. Ich hatte richtig Bock und dazu ein richtig gutes Gefühl, dass hier heute richtig was geht. Fehlt nur noch eins: Der W. Ausgerechnet jetzt dauert die Umbaupause ein wenig länger. Es wird getestet und getestet. Das kleine Mädchen ein paar Meter entfernt steht auf dem Heizungskörper an der Wand um was zu sehen und fragt ihren Vater: „wann kommt denn endlich der W?“ 5 Minuten später geht das Licht aus und jeder weiß: Showtime! Hier kommt der W zwo drei!
Hier gibt es keine Anlaufschwierigkeiten. Schon beim ersten Lied wird gehüpft und lauthals mitgesungen. Das spiegelt sich auch in der Raumtemperatur nieder. Es wird immer wärmer. Der Schweiß läuft schon beim Stehen übers Gesicht. Eine Luftfeuchtigkeit wie in der Waschküche. Aber es ist egal. Heute ist Party. Der W rockt kräftig das Haus. Soweit so normal. Was dann aber in der Festhalle Durlach abgeht, sollte prägend für die restliche Tour des Weidners werden. Nach einem Lied stimmen die Fans auf einmal „seven nation army“ von The White Stripes an: Ohh-Ohhhohohohohoooo. Die ganze Halle macht mit und der W ist sichtlich überrascht und auch ein wenig sprachlos. Mit einem Grinsen sagt er sowas wie „mal was anderes“. Danach sagt er das nächste Lied an. Als dieses dann zu Ende ist, wieder das Ohh-Ohhhohohohohoooo. Es ist ausgelassen dort. Zwischendurch gibt es natürlich auch die Weidner Weidner Chöre in allen Varianten. Schon zu diesem Zeitpunkt war klar: Es war absolut richtig diese kleinen Hallen zu wählen. Die Menge ist einfach eine Einheit. Die nächste Steigerung sollte noch folgen vor der Ansage zu „Asche zu Asche“. Als mal wieder das besagte Lied angestimmt wird, greift sich die Band ein Herz und spielt es. Das nenne ich mal ein Zusammenspiel zwischen Band und Fans, Gänsehautfeeling, aber seht selbst:
Vor der Ansage zu „komm schon“ zeigt Stephan, dass er sichtlich begeistert ist von der Stimmung. Nach dem „oh wie ist das schön…“ sagt er, dass es ihm ziemlich nah geht, was dieses Video beweist. Der Rest des Konzertes ist eine unvergessene Party in der Sauna von Karlsruhe. Vor den „Zugaben“ stimmt die Band nochmal seven nation army an und Geschichtenhasser bringt die Menge richtig zum Tanzen. Da muss ich an die Gruppe denken, die es vor der Halle angestimmt hat. Nach dem ruhigen „mein W“ folgt der rockige Rausschmeißer „Passt gut auf euch auf“ inkl. viel umjubelter Bandvorstellung. Die Zugabe „dancing with myself“ gibt es heute nicht. Der Weidner ist völlig am Ende aufgrund der Temperatur. Mit einem „ich kann nicht mehr“ verabschiedet er sich von Karlsruhe und wird es sicher gut in Erinnerung behalten.
Auf dem Weg zur Straßenbahn komm ich an einer Dönerbude vorbei, die schon völlig von singenden W-Fans besetzt ist. Als ich an der Haltestelle stehe, höre ich wie eine Gruppe dieser sich nähert und singt: „Wir sprechen über Gott, Gott und den Tod, wir erzählen uns Märchen die es zu erzählen lohnt, die es zu erzählen loooohnt, jahaaaa“!
Karlsruhe, ihr habt mehr als überzeugt. Ich komme auf jeden Fall wieder. Versprochen! Ihr könnt es! 🙂
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